Schachturnier auf hoher See, Teil 1

02.11.2015 – Das Schachturnier mit dem größten Abstand zu festem Untergrund findet derzeit auf der "Escape" statt, einem Kreuzfahrtschiff der Norwegian Cruise Line. Zwanzig Spieler haben sich in Southampton in die Teilnehmerliste eingetragen und werden am Ende des Turniers in Miami ihre Preise entgegen nehmen. Jonathan Carlstedt berichtet von der Stimmung auf dem Schiff - und die ist gut.

 

Von Jonathan Carlstedt

Live vom Atlantik:

Schachturnier auf (hoher) See

Seit gut zwei Tagen sind wir mit dem neuen Kreuzfahrtschiff „Escape“ der NCL unterwegs. Jörg Hickl hat mit seiner „Schachreisen-Crew“ geladen, um auf der Überfahrt von Southampton nach Miami, neben all den Erlebnissen, die ein solches Schiff bietet, ein 7-rundiges, Elo und DWZ gewertetes Turnier zu spielen. Diesem Ruf folgten insgesamt 20 Spieler mit 15 Begleitpersonen. Das Team von Jörg Hickl wird von Franziska Beltz und Jonathan Carlstedt, dem Autor dieser Zeilen, komplettiert, die sich unter anderem um die Durchführung des Turniers kümmern.

Norwegian Escape – Premierenkreuzfahrt von Southampton nach Miami

Das Schachreisenteam – GM Jörg Hickl, IM Jonathan Carlstedt und WFM Franziska Beltz

Die Route von Southampton nach Miami

Für mich ist es die erste Kreuzfahrt und als Jörg und ich zur Vorbereitung der Reise telefonierten, war eine der wichtigsten Fragen: „Bist du anfällig seekrank zu werden?“ Eine richtig fundierte Aussage dazu konnte ich nicht treffen. Nachdem allerdings nach der ersten Nacht einige der Teilnehmer, sagen wir, einen etwas unruhigen Magen hatten, und ich davon nichts spürte, war mir klar, dass ich als Hamburger das Seefahrer-Gen innehabe.

Die Weite des Atlantiks – mal stürmisch...

 ... mal ruhig

Das Leben an Bord ist einzigartig und hat einiges zu bieten. Besonders gefährlich für mich ist das Nonstop-Essensangebot, das es hier an Bord gibt. Drei der Restaurants sind kostenlos für alle und einfach lecker. Außerdem haben die Teilnehmer den Wein „Zen of Zin“ entdeckt, der wunderbar schmeckt. Da das Internet an Bord teuer ist, werde ich keines buchen. Also ein Aufruf an jene, mit denen ich gelegentlich Wein trinke: „Bitte bestellen!“ :-)

Als am zweiten Tag um 9.15 Uhr vor der zweiten Runde Jörg an meiner Tür klopfte, waren die ersten Worte: „Wir fahren zurück nach Spanien.“ Nun sind meine Geographie-Kenntnisse kaum gut genug um mit einem Drittklässler mitzuhalten, aber mein Gefühl sagte mir, dass das eigentlich nicht der Weg ist, den der Kapitän vorgesehen hatte. In der Tat, eine halbe Stunde später kam die Durchsage vom Kapitän. Ein medizinischer Notfall hat das Schiff zur Umkehr gezwungen, um einen spanischen Helikopter entgegen zu kommen, der den Patient abholen sollte. Auch dieser ließ nicht lange auf sich warten. Kurz vor 10 Uhr sahen wir ihn Richtung Schiff fliegen.

Nun sind wir wieder auf dem Weg in Richtung des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten. Die See indes hat sich nicht beruhigt. Auf Deck 14, von dem aus ich diesen Artikel schreibe, schaukelt es doch kräftig. Aber solange die richtige Seite des Schiffes oben ist, ist es auch eine schöne oder sagen wir interessante Erfahrung.

Viele Turniere schmücken sich damit, mit Recht, schöne Spielräume zu haben. Einen Ausblick auf den sich bewegenden Atlantik, das ist eines der vielen Dinge, die dieses Turnier einzigartig machen.
Die Teilnehmer sind für diese Einzigartigkeit dankbar, ohnehin ist die Stimmung unter den Teilnehmern zu dem Turnier hervorragend. Nach der Runde analysiert Jörg die „Partie des Tages“, hinzukommen weitere Aktivitäten wie Seminare über die Englische Eröffnung mit Jonathan Carlstedt oder über die richtige Ernährung für Schachspieler mit Dr. Guntram Hilbenz.

Nachmittagsprogramm mit GM Jörg Hickl – Analyse und Prämierung der „Partie des Tages“

Es gibt also ein volles Programm für Schachspieler. Noch zu erwähnen die zahlreichen Fitness, Shopping, Glücksspiel, Entertainment... Möglichkeiten.

Als Jörg mich fragte, ob ich mitkommen möchte, war ich zugegebenermaßen skeptisch, ob die Kreuzfahrt etwas für mich ist. Zwar bin ich hier sicherlich im jüngsten Zehntel der Reise mit meinen 25 Jahren anzusiedeln, aber ansonsten gibt es nichts zu meckern. Die Zimmer sind stilvoll eingerichtet, man fühlt sich wie in einem 4*-Hotel und die Crew ist unheimlich freundlich.
Ach ja, 2 Runden Schach sind ja auch schon gespielt. Es gibt noch zwei Spieler mit 100% die morgen gegeneinander spielen werden, Heinz Wirz und Arndt Burkhardt. Die Nummer 1 der Setzliste Volker Schoder musste sich bisher mit zwei Punkteteilungen begnügen. Aber das Turnier ist mit fünf weiteren Runden noch lang. Alle, die nicht mit ihren Ergebnissen zufrieden sind, haben hier genug Möglichkeiten sich abzulenken und eine schöne Zeit zu verbringen.



Impressionen aus dem Spielsaal – am Heck des Schiffes

Schachturnier auf See

Stand nach der 2. Runde



Turnierwebsite... 
 

Text: Jonathan Carlstedt
Bilder: Franziska Beltz und Andreas Back