SCHACH AUF DEM SCHIFF- Ein guter Zug!
Ein Reisebericht über die Schachkreuzfahrt Barcelona-Miami im November 2013 von Alfonso J. Fernandez Garcia
Als ich das erste Mal von der Kreuzfahrt von Schachreisen Jörg Hickl hörte, fragte ich mich, Schach auf einem Schiff, kann das eine gute Idee sein?
Meine nicht schachspielende Frau als Begleitung und ich (DWZ 1592) wagten kurzerhand den Sprung ins Wasser und meldeten uns spontan zu diesem 14 Tage dauernden Reiseabenteuer an.
Natürlich hatte ich sofort das interessante Match zwischen dem Weltmeister und Curd Jürgens aus der Buchverfilmung die „Schachnovelle“ von Stefan Zweig im Kopf. Doch es sollte noch ganz anderes auf uns zukommen…….
Von Barcelona ging es an einem Sonntag erstmal mit dem Manöver „Leinen los“ ins Mittelmeer. Danach begann eine Reise über den Atlantik in die Karibik und die „neue Welt“, nach Amerika.
Ein letzter Blick auf Barcelona beim Auslaufen
Schon gleich am selben Abend trafen wir uns zum ersten Kennenlernen und um Informationen zu erhalten. Denn schließlich war es unsere erste Kreuzfahrt und auch noch eine mit Schach! Jörg Hickl und seine kompetente Assistentin, Franziska Beltz, gaben uns bei der Begrüßung eine gute Einführung in die speziellen Schiffsgepflogenheiten und auch gute Tipps zu dem nichtschachlichen Angebot an Bord.
Die Schachzeiten waren auf die Tage auf See abgestimmt - von 10:00 Uhr Bordzeit bis 15:00 Uhr war Schachschicht. Vor uns lag ein 5-Runden-Schachturnier nach Schweizer System mit Analyse unserer Partien. Es gab dabei auch Preise zu gewinnen. Der Seminarteil sollte uns die interessantesten Partien der Runden näher bringen. Der Unterricht würde uns weiterführen und war mit entsprechenden Aufgaben zu anderen Themen ausgestattet. Also, Schach total und satt!!
Schachseminar
Die große Fahrt auf dem Ozean des Schachs konnte beginnen und Kapitän Jörg Hickl würde uns mit seinem Großmeisterwissen alle sicher bis in den Zielhafen Miami/USA weiterbringen.
Die Tage auf See vergingen rasch, für manche zu schnell, und das spannungsgeladene Turnier sah oft Überraschungen. In dem wunderschönen Ambiente eines nach englischem Stil eingerichteten edlen Salon war das Spiel ernst und oft war die Analyse von Emotionen geprägt. Das Eingehen des Großmeisters auf die individuellen Besonderheiten und oft lieb gewonnenen Gewohnheiten war oft hart aber herzlich für uns Normalschachspieler. Doch es war notwendig und zielführend sich mit den eigenen Schwächen auseinanderzusetzen. Nur so kann man lernen und weiterkommen in unserem ach so geliebten Schachspiel.
Viele der Teilnehmer waren „Wiederholungstäter“, die schon manche Schachreise in den letzten Jahren mit Jörg Hickl absolviert hatten, aber auch neue Kandidaten, die es das erste Mal gewagt haben und gut aufgenommen wurden. Wir kamen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich mit einer Spielstärke DWZ von 1100 bis 2178 und doch verband uns alle das Ziel, unser Level in ungewöhnlichem Ambiente zu verbessern. Schon nach kurzer Zeit waren wir eine eingespielte Mannschaft von Schachspielern bei der auch eine Spielerin ihren Platz fand.
Nach den Schachzeiten war immer genug Zeit auf dem Schiff an anderen Aktivitäten teilzunehmen. Die mitreisenden Begleitungen holten Ihre Schachspieler ab, und das umfangreiche Bordprogramm konnte ab diesem Zeitpunkt zusammen oder in sich findenden kleineren Gruppen gestaltet werden.
Es gab auf dieser Reise zwei Landgänge – am Anfang der Reise Funchal auf Madeira und kurz vor Ankunft in Miami St. Thomas auf den US Virgin Islands, die gut genutzt wurden, um diese exotischen Reiseziele zu erkunden, entweder selbst organisiert oder falls gewünscht durch die Schiffsgesellschaft NCL fachmännisch und bequem arrangiert.
Die tollen tropischen Früchte auf dem berühmten Markt von Funchal/Madeira
Blick auf St. Thomas/US Virgin Islands beim Auslaufen
Blick auf die Epic im Hafen von St. Thomas
Das Essen an Bord war mit seinen Variationsmöglichkeiten immer eine große Herausforderung, und die Auswahl erschien unbegrenzt. Als Gruppe hatten wir uns immer zwanglos um 19:00 Uhr zum gemeinsamen Essen vereinbart. Ein Termin der gut genutzt wurde.
Das abendliche Unterhaltungsangebot bot für jeden Geschmack etwas. So waren die großen Veranstaltungen unterschiedlichster Couleur im Bordtheater ein beliebter Treffpunkt um das vergnügliche Beisammensein zu fördern. Die Karten wurden von Jörg und Franziska für uns zentral organisiert. Sicher war der Auftritt der berühmten Blue Man Group ein absoluter Höhepunkt, kostet doch ein Ticket bei der landgestützten Ausgabe in Berlin schon mehr als 70 €. Doch auch die etwas ruhigere Jazzkneipe mit zwei Pianisten fing viele Nachtschwärmer ein.
Die Kabinen boten guten Komfort und der Ausblick auf das weite Meer war allein schon ein großes und weites Erlebnis. Wer es mochte, konnte so sich jederzeit aus dem „trubeligen Schiff“ ausklinken und ein paar geruhsame Minuten in der Kabine verbringen.
Unsere Kabine
Unser Schachreisenteam kümmerte sich um sämtliche Belange der Reise, so dass man eine tolle Rundumbetreuung hatte.
Eine Partie Tischtennis als Ausgleich!
Ein Höhepunkt für uns Spieler, war sicher das Uhrenhandicap gegen Jörg Hickl, unseren Meister, am Ende unserer gemeinsamen Reise. Bei dieser Form des Schachspiels hat jeder eine reale Chance und genug Zeit mit gutem Spiel zu überzeugen.
Wir haben leider nicht wie in der Schachnovelle gegen „unseren Weltmeister“ gewonnen, doch die Mischung zwischen der guten Atmosphäre auf dem Kreuzfahrtschiff und dem exzellent durchgeführten Schachteil machen diese Symbiose zu einem großen Erfolg dieser Reiseform.
Die Reise war zwar ganz anders als ich mir das im Vorfeld vorgestellt hatte, doch ich kann sagen, Schiff und Schach ist ein s guter Zug, weshalb wir uns schon für den November 2014 für die nächste Kreuz-/Schachfahrt angemeldet haben.
Weitere Informationen zur kommenden Schachkreuzfahrt von Boston nach Miami, quer durch die Karibik und anderen Schachreisen finden Sie unter www.schachreisen.eu
Zuerst erschienen auf ChessBase.de am 14.03.2014