Die russische Schachschule

Die viel zitierte russische Schachschule

… gibt es nicht! Zumindest konnte ich trotz Nachfrage bei diversen russischen Großmeistern, nichts Bestimmtes in Erfahrung bringen. In Zeiten des Kalten Krieges wurde Schach zu einem Politikum. Die wirtschaftlich schwächere Sowjetunion sah hierin eine Möglichkeit, den Klassenfeind USA zu übertrumpfen. Entsprechend wurde das Schach finanziell gefördert. Ein Schachtrainer erhielt Anfang der 80er-Jahre ein doppeltes Ingenieursgehalt und die Aussicht auf Turniere reisen zu dürfen. Für Spieler war es natürlich nicht minder attraktiv.

Eine Ausbildung anhand eines speziellen, pädagogisch aufgebauten Trainingsplans, dem alle folgen mussten, gab es jedoch nicht. Konzentriert man eine große Anzahl Kinder an einem Stützpunkt und lässt sie permanent mit starken Trainern arbeiten, erscheint es eine logische Folge, Spitzenspieler in Masse produzieren zu können.

Die Entwicklung im kapitalistischen Westen musste zwangsweise anders verlaufen: Nahezu alle deutschen Großmeister der vergangenen Jahrzehnte sind Autodidakten. Wie viele meiner Kollegen habe auch ich niemals Schachunterricht erhalten. Mit 18 Jahren kam es zur ersten Open-Teilnahme, mit 21 Jahren folgte jedoch schnell der IM-Titel, mit 22 der des Großmeisters. Verglichen mit geltenden Maßstäben spät und nicht besonders effektiv, doch mit der entsprechenden Motivation sind erhebliche Steigerungen auch im fortgeschrittenen Alter möglich.

Heutzutage ist einiges erheblich einfacher geworden. Neben einem breiten Turnierangebot stehen dem Lernenden viele, die Ausbildung unterstützende Maßnahmen zur Verfügung. Neben einer Flut an Publikationen gibt es eine Reihe elektronischer Hilfsmittel und auch qualifizierte Trainer sind vorhanden.